Bericht: Karsten Tischer / insuedthueringen.de, Foto: Karl-Heinz Frank
Mehr als 400 Zuschauer sehen am Samstag das Kreisoberliga-Topspiel Zweiter gegen Erster, Zella-Mehlis gegen Suhl. Die erste Halbzeit gehört dem FC, die zweite den Gästen. Im Stil eines Meisters holt sich der 1. Suhler SV eiskalt den Sieg.
Die Bayern können es und der 1. Suhler SV auch: Nach einem Dämpfer gleich danach im nächsten Topspiel wieder abliefern.
Die Zeit scheint wohl gekommen zu sein, dass man den 1. Suhler SV mit dem FC Bayern München vergleichen muss. Beides Dauer-Tabellenführer, denen der ein oder andere in der Liga eher früher als später auch mal ein sportliches Missgeschick wünscht, und die dann – wenn es tatsächlich mal eintritt – sich doch wieder berappeln und zurückkommen, so als hätte man die kurze Schwäche nur vorgespielt, um die anderen nur noch mehr verzweifeln zu lassen.
Suhl gewinnt weiter, als ob es das Selbstverständlichste der Welt sei. Auch am wichtigen Samstag (2. November) beim FC Zella-Mehlis, dem ersten Verfolger in der Kreisoberliga. Ja, und Dusel hat man nicht nur in der bayerischen Landeshauptstadt, sondern manchmal eben auch beim SSV. Aber dazu später.
Wenig Raum für El Hajj und Zico
Zunächst wäre in den Fußballgeschichtsbüchern auch ein ganz anderes Ende für das erste Pflichtspielduell der beiden ersten Männermannschaften aus den Nachbarstädten denkbar gewesen. Die ersten 45 Minuten gehen eindeutig an Zella-Mehlis. Keinen einzigen Ball bringt die beste Offensive der Liga aufs Tor von FC-Schlussmann Jasper Greiser. Den Ballkünstlern Zico und Ibrahim El Hajj wird kaum Raum zum Gestalten gelassen. El Hajj steckt zudem noch der Rückflug aus den USA vom Familienbesuch in den Knochen. Das letzte Mal Sport getrieben habe er vor zwei Wochen beim 7:3 in Wernshausen, erzählt der Libanese.
Der FC ist da allgemein etwas frischer. Eine Ecke von Maik Hanzlik köpft der am zweiten Pfosten lauernde und zuletzt schon zweimal erfolgreiche Steve Brandl knapp links am Tor vorbei (19.). Brandl leitet auch den nächsten Angriff mit einem hohen Zuspiel in den Lauf von Lukas-Ian Titscher ein. Titscher setzt sich gegen Tim Fabig durch, spielt flach nach innen zu Baran Demir. Der schließt frei stehend aber auch zu zentral auf Keeper Tobias Börner ab, der glänzend pariert (21.). Zehn Minuten später lässt Börner einen Aufsetzer nach Freistoß von Julian Dudek prallen. Aber auch den Nachschuss von Eik Werner hält er stark (31.). „Wir hätten vorne gerne mehr getroffen. In der ersten Halbzeit hatten wir viel mehr Chancen“, muss Eik Werner ernüchtert feststellen.
Zwei Suhler Joker, zwei Suhler Tore
Der zweite Durchgang wird anders. Suhl wechselt zu Beginn zweimal. Ein frischer Spieler ist Modou Dampha. Er bringt in der 53. Minute den ersten Schuss überhaupt gefährlich aufs FC-Tor. Immer wieder fordert der seine Mannschaft an diesem Tag besonders energisch antreibende SSV-Trainer Markus Lauth „Druck, Druck, Druck“, wenn Zella-Mehlis gerade den Ball hat.
Dann sind es einmal mehr Zico und Ibrahim El Hajj, die dem Spiel noch mehr Fahrt geben. El Hajj legt den Ball von der Torauslinie zurück. Zico steht bereit, will einschieben, sein Schuss wird unhaltbar für Greiser abgefälscht (0:1/57.). Zella-Mehlis muss handeln. Mit Christoph Wilke und Mario Smirat machen sich erfahrene Stürmer warm. Fünf Minuten nach dem 0:1 kommen sie ins Spiel. Wilke bringt die Gastgeber mit seinem Kopfballtreffer nach einer Hanzlik-Ecke zurück ins Spiel, das in der zweiten Hälfte bislang Suhl gemacht hat (1:1/74.).
Joker Dampha belohnt diese Mühe. Bereits der ebenfalls eingewechselte Mika Abraham kann das 2:1 erzielen. Sein Schuss wird von Greiser zur Seite geklärt. Dampha steht zum Abstauben bereit (80.). Ibrahim El Hajj muss wenig später mit Krämpfen vom Feld (86.). Zella-Mehlis will zumindest noch einen Punkt retten. Adrian Hellmann hat noch einmal eine Riesengelegenheit, doch sein Versuch geht übers Tor (86.).
Abraham flankt und schießt ein Traumtor
Suhl bietet Zella-Mehlis’ letztes Aufbäumen Platz zum Kontern. Für das 3:1 braucht es aber keinen präzisen Spielzug mehr, sondern einfach nur noch Glück: Unmittelbar vor der Suhler Bank will Mika Abraham, 17, schnell von rechts in den Strafraum flanken. Der Ball rutscht ihm über den Spann, fliegt im hohen Bogen – auf den ersten Blick – übers Tor. Dann passieren merkwürdige Dinge. „Er will den Ball, denke ich, reinflanken. Er hat auch erst die Kurve, dass es eine Flanke wird. Dann kriegt er in der Luft aber irgendwie eine andere Richtung. Ich laufe noch nach hinten, habe aber auch keine Zeit, nochmal zu schauen, wo das Tor genau steht. Ich hoffe, dass der Ball vorbeigeht. Dann schlägt er unglücklich ein.“ So schildert Torwart Jasper Greiser das, was in der Nachspielzeit als 3:1 in sein Tor gefallen ist (90.+1).
Alles nur Glück? Oder Dusel? Oder die Gene? Bayern-Gen und Suhl-Gen – wenn auch nicht in der ersten Liga sondern nur in der achten. Aber da, betont Suhls Ballmagnet Ibrahim El Hajj, gehöre man ja ohnehin nicht hin
Stimmen zum Topspiel
Oliver Gießler, Präsident des FC Zella-Mehlis:
„Nach der ersten Halbzeit hat, glaube ich, jeder gedacht: Spielt weiter so! So war auch die Ansprache in der Halbzeit. Wir wollten weiter aggressiv sein, die Zweikämpfe holen und Nadelstiche setzen. Das erste Tor in der zweiten Halbzeit war ein individueller Fehler. Das zweite und dritte Tor hätten wir auch verhindern können. Diese individuellen Fehler sind bei uns immer wieder mal das Problem – vor allem in Topspielen.“
Torsten Widder, Bürgermeister von Zella-Mehlis:
„Der Bürgermeister hätte sich einen Zella-Mehliser Sieg gewünscht. Von den Spielanteilen her wäre ein Unentschieden verdient gewesen. Aber die Meisterschaft ist noch nicht entschieden. Der FC kommt nochmal!“
Mika Abraham, 1. Suhler SV, zu seinem Tor:
„Ich hatte drüben einen gesehen, wollte rüberspielen. Dann habe ich ihn falsch erwischt und er ist gerade hoch und runter. Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass der reingeht. Der Ball war so weit oben und hat sich noch so weit gesenkt. War schon geil. Ich konnte es selbst gar nicht fassen. Aber jeder hat mal Glück. Ich hoffe, dass ich keinen ausgeben muss. So viel Geld habe ich nicht. Die Ausbildung bei der Polizei hat jetzt erst angefangen.“
Hier gehts zum Artikel: