Bericht: Karsten Tischer / insuedthueringen.de, Foto: Karsten Tischer
Zehn Tore im Kreisoberliga-Abendspiel zwischen dem FC Zella-Mehlis und der SG Herpf. Doch glücklich macht die Punkteteilung nur den Gast. Der gleicht in Unterzahl in letzter Sekunde aus.
Ein Blick in die Gesichter im Kabinentrakt genügt, um zu erkennen, wer nach diesem wilden 5:5-Unentschieden besser mit dem einen Punkt leben kann. Herpf lacht und feiert, Zella-Mehlis ist wie zu Stein erstarrt. Am Mittwoch, 2. Oktober, um 19.13 Uhr, als man in der Zella-Mehliser Dunkelheit kaum noch etwas erkennen kann, vertraut Johann Grünert auf seinen Instinkt. „Ich habe nur noch zu Paul Fabig gesagt: ‚Du kriegst den Ball noch, flank rein!‘ Ich habe dann nur noch nach Gefühl gemacht. Ich habe ja auch nicht viel gesehen. Es war schon relativ dunkel. Den Ball habe ich nur kurz vorher gesehen“, umschreibt der Abwehrspieler die letzte Spielszene in der vierten Minute der Nachspielzeit, als auch er kein Abwehrspieler mehr ist, sondern wie beinahe die gesamte Herpfer Mannschaft ein Stürmer, der das Happy End an diesem Kreisoberliga-Abend doch noch schreiben möchte.
Die Gegentore „billig hergeschenkt“
Und weil Grünerts Treffer zentral unter der Latte einschlägt, brechen dann alle Dämme bei den Rand-Meiningern und machen den Umstand beinahe vergessen, dass fünf eigene Tore auswärts nicht für drei Punkte genügten. „Wenn man auswärts fünf Tore schießt und nimmt nur einen Punkt mit, ist es natürlich nicht schön. Aber wenn man in der 94. in Unterzahl noch den Ausgleich macht, fühlt es sich trotzdem wie ein Sieg an. Vom Verlauf her hatte das Spiel auch keinen Verlierer verdient, auch wenn wir die Tore ein bisschen billiger hergeschenkt haben als die Zellaer. Wir legen ihnen die Tore eigentlich hin – auch den Elfmeter am Anfang. Wir müssen dafür arbeiten und machen sie dann auch“, lobt SG-Trainer Christian Hutterer sein Team.
Kurz zuvor hatte sich Herpfs Torwart Florian Hoffmann im Mannschaftskreis noch bei seinen Mitspielern für seine Aussetzer entschuldigt. Der Mittwochabend in der Arena „Schöne Aussicht“ beginnt schon nicht gut für den Torhüter. In der 13. Minute spielt er der FC-Offensive den Ball direkt in die Füße und bringt seine Hintermannschaft so sehr in die Bredouille, dass nur noch ein Foul Zella-Mehlis stoppen kann. Doch Alex Steinkes Strafstoß knallt an den linken Innenpfosten und von dort wieder zurück ins Feld. Der Schreckmoment wirkt. In der 21. Minute sitzt bei Herpf endlich mal ein finaler Pass: Julian Heß findet den freien Carl Mai, der den Ball unter die Latte haut (0:1/21.).
Die Herpfer Führung ist der Startschuss für zwölf äußerst wilde Minuten. Sami Jrab bringt die Gastgeber per Doppelschlag 2:1 in Führung (22./24.). Heß gleicht prompt aus, nachdem FC-Keeper Jasper Greiser bei einem Rückpass ein Luftloch schlägt (26.). Der unkaputtbare, 43-jährige Stefan Kämmer dreht die Partie dann erneut. Er vollendet einen simpel durchgezogenen Spielzug gegen die umgebaute Zella-Mehliser Abwehrkette, in der Kapitän Julian Dudek nach seinem Platzverweis in Jüchsen fehlt, zum 3:2 (33.).
Hutterer probiert ein ganz neues System
Aber auch Herpf musste sich schnell umstellen. Nach der 0:2-Heimniederlage gegen Vizemeister Brotterode-Trusetal am Sonntag (29. September) ließ Trainer Hutterer zum ersten Mal (und ohne jegliches Training) eine andere Systematik spielen. „Gegen Brotterode sind wir nicht so in die Räume reingekommen. Wir wollten mehr Personen in die Räume reinpositionieren, da, wo wir hinkommen wollen. Nach vorne hat es sehr gut funktioniert. Gegen den Ball in gewissen Zonen auch. In der letzten Kette teilweise noch nicht so gut. Aber das ist eine Abstimmungssache. Wenn wir das noch abstellen, können wir uns auf die nächsten Wochen freuen“, erklärt der Coach zuversichtlich.
Nach Maik Hanzliks 3:3-Ausgleich kurz vor der Pause (43.) wechselt die Führung abermals: Hanzlik trifft zum zweiten Mal, zum 4:3 für Zella-Mehlis (55.). Dennoch bleibt die Offensive des FC weitgehend harmlos. Daran ändern auch die wirkungslosen Einwechslungen von Max Langenhan und Mario Smirat wenig. Stattdessen lebt die Begegnung weiter von ihren zahlreichen Fehlern. Jasper Greiser lässt einen Freistoß von Heß prallen, Kämmer netzt im Nachschuss ein (4:4/66.).
Rote Karte nach Ellenbogenschlag
Die Schlussphase scheint es dann gut mit Zella-Mehlis zu meinen. Der 17-jährige Gzim Smaili setzt sich trotz leichter Umklammerung schön durch, erzielt das 5:4 (82.). Sechs Minuten später schickt Schiedsrichter Jan-Phillip Bretschneider den eingewechselten Florian Hofmann nach einem Ellenbogenschlag gegen Lukas Riedel mit Rot vom Feld (88.).
Aber Herpf gibt sich auch zu zehnt noch nicht auf. Johann Grünerts Abschluss, die letzte Aktion an diesem Fußballabend, passt und stimmt Herpf sehr glücklich. „Wenn mir das heute Früh jemand gesagt hätte ‚ein Punkt in Zella‘, hätte ich ‚sehr gerne‘ gesagt. Die Zella-Mehliser haben eine brutale Qualität. Die stehen nicht ohne Grund da, wo sie stehen. Aber auch wir haben gezeigt, dass wir uns vor keiner Mannschaft verstecken brauchen und in der Liga mit jedem mithalten können“, so Trainer Christian Hutterer.
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