Bericht: Karsten Tischer / insuedthueringen.de, Foto: Gerhard König
Ein Kreisoberliga-Derby, das nur ein Trainingsspiel wird: Der FC Zella-Mehlis fügt dem personell auf dem Zahnfleisch kriechenden SV Dietzhausen die höchste Saisonniederlage zu. Ein Nachwuchsspieler spricht danach Klartext.
Falls es einen Grund gebraucht haben sollte, Laurin Graeser den Abschied von seiner Mannschaft im Sommer etwas leichter zu machen, das Derby am Samstag (3. Mai) gegen den FC Zella-Mehlis hat ihn in 90 Minuten geliefert. Im Sommer wird das Talent in Diensten der Dietzhäuser Fußballer in München ein duales Studium in der Verwaltung der bayerischen Landeshauptstadt beginnen. Bald also Lederhosen statt blau-gelbe, kurze Hosen – und kein Frust mehr über solche Auftritte wie in der Zella-Mehliser Arena.
Laurin Graeser holt nach dem 0:7 gegen den Vorjahresdritten – es ist die höchste Pleite des SVD in der laufenden Saison – zum verbalen Rundumschlag aus. „Ich habe so viele Sachen im Kopf. Ich bin der einzige Jugendspieler hier, der eigentlich nicht viel zeigen muss, aber trotzdem irgendwo eine Führungsrolle übernehmen muss, weil die anderen es gefühlt nicht können. Das ist schon sehr frustrierend.“
Führungsspieler wider Willen: A-Junioren-Kicker Laurin Graeser (Mitte) überzeugt am Samstag, kann Dietzhausen aber auch nicht retten. Nach der Saison verlässt er den Verein. Dietzhausens Trainer Robert Marr hatte den in der Verbandsliga der A-Junioren ganz anderen Fußball gewöhnten Youngster vorgewarnt. Die Stammbesetzung der Offensive liegt auf unbestimmte Zeit im Lazarett. Weitere Absagen folgten vor dem Spieltag – wegen Jugendweihen, Krankheit oder Arbeit. Marr wusste, man musste mit dem Schlimmsten rechnen und überlegte deshalb gar, trotz Erkältung selbst noch die Fußballschuhe für das Derby zu schnüren. Auch die Absage der Partie stand kurze Zeit im Raum.
Doch Laurin Graeser bemängelt auch die allgemeine Einstellung des gesamten Teams: „Viele wollen offenbar nicht mehr. Viele denken sich: Die sind Zweiter, sind unschlagbar, da braucht man nicht mehr kommen. Aber wir haben gegen Suhl gewonnen, wir haben gegen Goldlauter gewonnen. Auch diese Mannschaften sind schlagbar. Und da kommt jetzt hier einfach zu wenig von allen – von der ersten Mannschaft, von der zweiten Mannschaft. Das geht schon im Training los. Da kommen zu wenige Leute, manchmal nur fünf, sechs Mann. Da kann man ja keine Taktik machen. Nichts.“
Außer mit viel Einsatz zu verteidigen bleibt Dietzhausen gegen die neben dem 1. Suhler SV beste Rückrundenmannschaft so nicht viel übrig. Es braucht 79 Minuten, bis Dietzhausen das erste Mal einen Schuss aufs Zella-Mehliser Tor abgibt. Der einzige Wechselspieler, Julian Müller, versucht es aus der Distanz. Acht Minuten später probiert es Maurice Merkel. FC-Keeper Mate Lengyel lenkt den Ball noch an die Latte.
Premieren für Zager und Scharfenberg
Nur: Als Müller und Merkel die ersten und einzigen Offensivaktionen abschließen, steht es bereits 6:0 für die Gastgeber. Nach zwei Hochkarätern durch Mario Smirat und Baran Demir in der Anfangsphase bringen Smirat und Maik Hanzlik Zella-Mehlis mit 2:0 in Führung (14./18.). Die Stimmung auf der Tribüne bleibt dennoch weit von einem Derby-Level entfernt. 75 zahlende Zuschauer meldet der Club. Das ist mit dem Heimspiel gegen die SG Kalten/Rhön Ende März der niedrigste Wert des Führenden der Kreisoberliga-Zuschauertabelle. Selbst ein frühes Gähnen ist auf der Zella-Mehliser Bank zu vernehmen, so einseitig ist die Partie.
Und sie wird es in der zweiten Halbzeit noch mehr. Innerhalb von sechs Minuten stellt der passstarke FC Zella-Mehlis den Spielstand von 2:0 auf 5:0 (50. bis 56.). Jeder darf einmal. Abwehrspieler Robert Zager bringt einen Freistoß zum 3:0 in der Torwartecke unter (50.) – eine Premiere: Für den 29-Jährigen, der im Sommer von Suhl nach Zella-Mehlis gewechselt war, ist es das erste Pflichtspieltor für den FC. Auch für Stürmer Finlay Scharfenberg ist das Derby eine willkommene Einladung für den ersten Kreisoberliga-Treffer (6:0/78.). Christoph Wilkes Traum-Freistoß mit dem Schlusspfiff zum 7:0 beendet das Dietzhäuser Leiden, das laut Coach Robert Marr noch eine Woche weitergehen könnte. Auch am Samstag gegen Breitungen erwartet der Trainer kein Wunder. Das Hinspiel endete 0:6. Wichtiger sind die finalen Wochen danach, wenn Dietzhausen auf die drei Letzten der Liga trifft.
Der FC Zella-Mehlis wird bereits in einer Woche erheblich mehr gefordert sein. In Goldlauter wartet das nächste Nachbarschaftsduell. „Goldlauter wird ein anderes Spiel. Es ist ja in Goldlauter. Und da sind sie besonders stark“, weiß auch Robert Zager.
Statistik zum Spiel:
1:0 Smirat (14.), 2:0 Hanzlik (18.), 3:0 Zager (50.), 4:0 Smirat (55.), 5:0 Titscher (56.), 6:0 Scharfenberg (78.), 7:0 Wilke (90.+2)
FCZM:
Lengyel, Brandl, Smirat (71. Scharfenberg), Titscher, Werner (46. Walther), Wilke, Hellmann (62. Demir Beran), Demir Baran, Hanzlik, Gläßner, Zager
SV Dietzhausen:
Kiss, Sach, Joost, Gräser, Nicolai, Eugling (46. Müller), Voigt, Henkel, Merkel, Stahl, Schilling
Schiedsrichter:
Ronny Otto (SV Struth-Helmershof), Nico Trautwein, Raphael Trautwein (SV Dolmar Kühndorf)
Zuschauer:
75
Hier gehts zum Liveticker:
FCZM – Dietzhausen